Arbeiter*innenrechte

FAIRTRADE setzt sich für die Rechte von Beschäftigten auf Plantagen ein

Externer Inhalt

Dieser Inhalt von

youtube.com

wird aus Datenschutzgründen erst nach expliziter Zustimmung angezeigt.

Für Produkte wie Bananen, Tee oder Blumen werden auch (oder nur) Plantagen FAIRTRADE-zertifiziert. Aus diesem Grund befindet sich im FAIRTRADE-System eine wachsende Anzahl an Arbeiterinnen und Arbeitern, die ohne eigenes Land ihr Einkommen sichern muss. Für diese besonders schutzbedürftige Gruppe gilt es, menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu schaffen. Der FAIRTRADE-Standard für lohnabhängig Beschäftigte weist diesen Weg.

Arbeiterrechte global betrachtet - was läuft schief?

Während der letzten 25 Jahre sinkt der Anteil der Einkommen aus Erwerbsarbeit am Bruttoinlandsprodukt stetig - überall auf der Welt - und verfestigt dadurch Strukturen der Ungleichverteilung. Hunderttausende Arbeiterinnen und Arbeiter können trotz harter Arbeit nicht ausreichend für ihren Lebensunterhalt aufkommen.

Gewinnmaximierungsstrategien großer Unternehmen drücken die Preise der vorgelagerten Stakeholder immer weiter nach unten. Während die Einkommen der oberen Managementebene weiter angestiegen sind, fallen die inflationsbereinigten Löhne der Arbeiterinnen und Arbeiter weltweit.

Freie, unabhängige und demokratisch gewählte Gewerkschaften sind das effektivste Mittel, um die Position von Arbeiterinnen und Arbeitern bei Lohnverhandlungen zu stärken. Doch genau jene Versammlungs- und Organisationfreiheit ist in sogenannten Entwicklungsländern oft nicht gegeben. Berichte von Nichtregierungsorganisationen verdeutlichen die unzähligen Verstöße gegen dieses grundlegende Arbeitsrecht.

Unternehmen - so lautet der ungebrochene Tenor seit den 1980er Jahren - folgen jenen Standorten, die mit niedrigen Umwelt- und Sozialauflagen locken. Die mannigfaltigen Krisen der letzten Dekade haben diesen Druck auf Regierungen noch erhöht und somit konkurrieren viele Länder um den attraktivsten Wirtschaftsstandort mit immer noch niedrigeren gesetzlichen Mindestlöhnen, die dann wiederum kaum zum Überleben reichen. Zur Verdeutlichung dieser Diskrepanz wurde der Begriff der "living wages", also der existenzsichernden Löhne, eingeführt.

Kaum ein Monat vergeht, in welchem nicht über "verheerende Arbeitsbedingungen" berichtet wird oder Bilder großer Tragödien die Welt erschüttern. Kein Wirtschaftssektor ist hiervon ausgenommen. Intransparente Rohstoff-, Produktions- und Distributionsketten, das auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichtete Handeln sowie die marktbeherrschende Stellung einiger weniger wirtschaftlicher Akteure sind mögliche Erklärungen für dieses System "moderner Sklaverei".

Diese äußert sich unter anderem in viel zu langen Arbeitszeiten (12-14h/Tag - 6x die Woche) und "Zwangsüberstunden" ohne monetäre Abgeltung oder in prekären Dienstverhältnissen, die häufig ohne schriftliche Verträge eingegangen werden und keinerlei Arbeitsplatzsicherheit mehr bieten.  Arbeiten Menschen mit gefährlichen Stoffen, sind sie häufig weder im Besonderen geschult noch mit Schutzkleidung oder entsprechendem Werkzeug ausgestattet. Tödliche Krankheiten nehmen zu - die Lebenserwartung sinkt teilweise auf bis zu 35-40 Jahre. Hinzu kommen ungenügende Sicherheitsvorkehrungen oder marode Bausubstanzen, die immer wieder zu grausamen Unfällen führen sowie Arbeiterunterkünfte, die an Slums erinnern, und kein menschenwürdiges Leben ermöglichen.

FAIRTRADE stärkt Arbeiterrechte

Seit 1994 die ersten Teeplantagen zertifiziert wurden, ist sich FAIRTRADE der zahlreichen Herausforderungen, mit denen lohnabhängig Beschäftigte konfrontiert sind, bewusst und arbeitet seither intensiv an Lösungswegen. Der Standard für lohnabhängig Beschäftigte stellt einen wesentlichen Meilenstein für die Weiterentwicklung der Arbeitnehmerrechte dar.

Sehr detailliert definiert der FAIRTRADE-Standard für lohnabhängig Beschäftigte die Kriterien für gute Arbeitsbedingungen. So finden sich in den insgesamt 75 sozialen und 42 ökologischen Kriterien genaue Richtlinien für die Produzentenorganisationen. Beispiele sind das Diskriminierungsverbot, das Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit, und die Definition der Arbeitsbedingungen: Regelungen zu Arbeitszeiten und Pausen, Lohnniveau und Überstunden, Versicherungsschutz, Unterbringung, Mutterschutz etc. sind klar definiert.

Der Standard für lohnabhängig Beschäftigte definiert sehr detaillierte Kriterien. So muss zum Beispiel von Beginn an sichergestellt sein, dass Arbeitskräfte über ihr Vereinigungsrecht in verständlicher Sprache informiert werden. Außerdem darf in der Vergangenheit der Plantage (bis 2 Jahre vor der Zertifizierung) kein Verstoß gegen dieses fundamentale Arbeitsrecht bekannt sein.

Beschäftigte auf Plantagen entscheiden gemeinsam in einem demokratischen Prozess, in welche sozialen, ökologischen oder ökonomischen Projekte vor Ort investiert wird und welche Ziele dabei erreicht werden sollen. Dazu zählen zum Beispiel die Verbesserung der Anbaumethoden, Maßnahmen zur Qualitätssteigerung sowie Bildungs- und Gesundheitsprojekte. Davon profitiert die ganze Gemeinschaft.

Die Informations-, Organisations- und Abstimmungsaufgaben übernimmt das FAIRTRADE-Prämienkomitee. Es besteht auf Plantagen aus gewählten Arbeitervertretern sowie ernannten Beratern und Beraterinnen aus der Unternehmensleitung. Mindestens einmal jährlich ruft das Komitee eine Vollversammlung ein und berichtet über den FAIRTRADE-Prämienplan. Dann wird demokratisch über die Investitionsentscheidung abgestimmt. Das Management hat hierbei lediglich beratende Funktion und kann ein Projekt nur ablehnen, wenn es nachweislich nachteilig für das Unternehmen ist.

Schritt für Schritt hin zu existenzsichernden Löhnen: eine Herausforderung

Gesetzliche Mindestlöhne sind in den sogenannten Entwicklungsländern meist zu niedrig, um ein gutes Leben führen zu können. Der existenzsichernde Lohn jedoch soll Arbeiterinnen und Arbeitern ermöglichen, die ihre Grundbedürfnisse und die ihrer Familien zu befriedigen, als auch am sozialen und kulturellen Leben teilzunehmen.
Die Vorgaben im FAIRTRADE-Standard für lohnabhängig Beschäftigte bezüglich der Anhebung gesetzlicher Mindestlöhne auf ein existenzsicherndes Niveau weisen den Weg in eine zukunftsfähige Richtung, sie allein sind allerdings noch kein Garant für eine flächendeckende Einführung in naher Zukunft. Vielmehr braucht es ein Zusammenspiel vieler Faktoren und politischer Entscheidungen und somit einen langen Weg. Der Multi-Stakeholder Dialog auf Basis von Analysen und Forschung, die Verankerung von demokratischen und freien Gewerkschaften, Rechtsschulungen für Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Kampagnen mit breiter Öffentlichkeitswirksamkeit sind nur einige konkrete Strategien von FAIRTRADE, um das langfristige Ziel  existenzsichernder Löhne zu erreichen.