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Mit vereinter Stimme für den Globalen Süden

Die Rechte von Kleinbauernfamilien sowie Arbeiterinnen und Arbeitern finden innerhalb der globalen Lieferketten leider oft wenig Gehör. Das soll das künftige Lieferkettengesetz der Europäischen Union ändern. Ein offener Brief der FAIRTRADE-Produzentinnen und -Produzenten an die EU fordert, sie in den Gesetzwerdungsprozess mit einzubeziehen.

Vor mehr als 70 Jahren verkündete die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die in 30 Artikeln festhält, welche Rechte jedem Menschen zustehen sollten. Doch noch heute gibt es bei der Einhaltung der Menschenrechte ein extremes Gefälle von Nord nach Süd: Gerade am Anfang landwirtschaftlicher Lieferketten sind Verletzungen von Menschenrechten und Umweltbestimmungen oft gängige Praxis. Existenzsichernde Löhne für Mitarbeiter*innen auf Plantagen und existenzsichernde Einkommen für Kleinbauernfamilien sind noch immer nicht selbstverständlich.

Mit dem Lieferkettengesetz, an dem die Europäische Union aktuell auf Hochtouren arbeitet, soll sich das ändern. Unternehmen sollen künftig nicht nur für die eigenen Geschäftspraktiken Verantwortung übernehmen, sondern auch ihre Subunternehmen und Zulieferer in anderen Ländern zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt verpflichten. Damit dieses Gesetz kein Papiertiger wird, forderten Ende Mai 2022 mehr als 270 FAIRTRADE-Produzentenorganisationen aus Lateinamerika, Afrika und Asien in einem offenen Brief an die EU: „Bezieht uns mit ein!“ Mehr als 40 Unternehmen unterstützten die Botschaft.

Der im Februar 2022 vorgelegte Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz muss nachgebessert werden. Ein bloßer Verhaltenskodex reicht nicht aus, um große Unternehmen daran zu hindern, Verantwortung in der globalen Lieferkette nach unten abzuschieben. Politik- und Projektberaterin Elena Lunder arbeitet im Fair Trade Advocacy Office in Brüssel, einer unabhängigen Stiftung, die sich im Namen der weltweiten FAIRTRADE-Organisationen für fairen Handel und Handelsgerechtigkeit einsetzt. Sie beschreibt das Problem so: „Vor allem Zulieferer, die in der Lieferkette ein paar Stufen vom Endkunden entfernt sind, vielleicht nicht einmal in der EU sitzen, sind viel schwächer als ihre Abnehmer. Sie haben keine Möglichkeiten, ihre Interessen zu vertreten.“

In seiner jetzigen Fassung könnte das Gesetz dazu führen, dass bei Problemen Geschäftsbeziehungen einfach beendet werden würden, was eine weitere Verschlechterung der Situation in den Ursprungsländern zur Folge hätte. Stattdessen sollte das Gesetz dazu ermutigen, in einen Dialog zu treten, Missstände effektiv zu beheben. Denn nur im Zuge einer echten globalen Zusammenarbeit können Probleme wie Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße langfristig und weltweit gelöst werden.

FAIRTRADE schafft jedenfalls schon jetzt nötige Rahmenbedingungen für einen gerechten Handel. Das wird sich, sobald das EU-Lieferkettengesetz in Kraft tritt, für FAIRTRADE-Partnerunternehmen als ein entscheidender Startvorteil erweisen. Die volle Implementierung des EU-Lieferkettengesetzes wird mindestens bis 2028 dauern, es bleibt also noch Zeit. Jetzt ist es an der Politik, die beste Lösung für alle Beteiligten zu finden.