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Nach Verzögerung: Kompromiss zum EU-Lieferkettengesetz doch noch beschlossen

FAIRTRADE Österreich bietet bereits Unterstützungsmöglichkeiten für österreichische Unternehmen.

ASOPROSIERRA - Diese kleine Erzeugergenossenschaft im Norden Kolumbiens hat nur 32 Mitglieder, wobei der kleinste Erzeuger 300 kg Kaffee pro Jahr liefert. Die gesamte Genossenschaft ist ebenfalls biozertifiziert. Nachdem sie vor 13 Jahren gegründet wurde, dauerte es ein Jahr, bis sie für den ökologischen Anbau gerüstet war. Die Bio-Zertifizierung liegt seit 12 Jahren vor, die Fairtrade-Zertifizierung seit 11 Jahren. Der größte Teil ihrer Produktion wird im Rahmen des Fairtrade-Systems verkauft (80 bis 90 %).

Am Freitag, 15. März 2024, wurde nach zähen Verhandlungen und einem politischen Kompromiss doch noch die Richtlinie verabschiedet. „Uns ist allen ein Stein vom Herzen gefallen. Es wäre wirklich dramatisch gewesen, wenn es nach dem jahrelangen Prozess mit unzähligen Verhandlungsrunden „zurück zum Start“ geheißen hätte!“ zeigt sich Hartwig Kirner, Geschäftsführer von FAIRTRADE Österreich, erfreut über das Abstimmungsergebnis. „Wichtig ist, dass eine einheitliche europäische Lösung gefunden wurde und sich die Unternehmen nun gezielt auf die Umsetzung vorbereiten können“, so Kirner weiter. Um diesen Kompromiss zu erreichen, waren inhaltliche Änderungen des Gesetzestextes notwendig, deren Auswirkungen noch im Detail analysiert werden müssen. „Es ist zu hoffen, dass die Intention der Richtlinie, Menschenrechte und Umwelt wirksam zu schützen, dennoch gewahrt bleibt“, so Kirner abschließend.

Fairtrade International: Eine verwässerte EU-Gesetzgebung zur Sorgfaltspflicht ist immer noch besser als gar keine

Nach der Verhandlungsrunde auf EU-Ebene im sogenannten Trilog (Europäische Kommission, Rat und Parlament) Ende 2023 schien bereits alles fix, doch dann wurde es noch einmal eng. Vor allem in Deutschland mehrte sich der politische Widerstand, andere Mitgliedstaaten folgten oder enthielten sich bei der Abstimmung im Europäischen Parlament Ende Februar 2024 der Stimme – so auch Österreich. Das nun vorliegende EU-Lieferkettengesetz legt verbindliche Anstrengungen ("Bemühensstandard") der Unternehmen fest, um Sorgfaltsprüfungen zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz entlang ihrer Wertschöpfungsketten durchzuführen. Es gibt Übergangsfristen, die eine fristgerechte Implementierung dieser neuen Richtlinie ermöglichen.

Gerade hier kann FAIRTRADE Österreich ein wichtiger Partner sein. So bietet das FAIRTRADE-Zertifizierungssystem spezifische Instrumente für Sorgfaltsprüfungen, wie die FAIRTRADE-Standards, -Audits und Kontrollen, –Mindestpreise bzw. –Prämien, sowie die Partizipation der Rechteinhabenden, entlang der Lieferketten bereit. Abhängig von der Intensität des FAIRTRADE-Engagements haben die Unternehmen die Möglichkeit, ihre „Bemühungen“ zu verstärken und konkret nachzuweisen.

Weiterführender Hintergrund

FAIRTRADE-Standards: ermöglichen Produzentenorganisationen die Gestaltung notwendiger Prozesse, zudem gibt es zusätzliche Unterstützung durch die FAIRTRADE-Produzentennetzwerke, beispielsweise durch Schulungen, Bewusstseinsbildung und Beratung direkt vor Ort.
FAIRTRADE-Audits und Kontrollen: die Zertifizierung ist ein Beitrag zum Risikomanagement entlang der gesamten Lieferkette, durch Auditierung und unabhängige sowie professionelle Kontrollen durch Dritte.
FAIRTRADE-Mindestpreis & -Prämie: Höhere Preise und die zusätzliche Prämie führen zur Verbesserung der Lebenssituation von Menschen im Globalen Süden. Dieser positive Impact dient der für Unternehmen notwendigen Strategie zur risikomindernden Beschaffung und nachhaltigen Einkaufspraktiken.
FAIRTRADE-Partizipation: Die Kleinbauernfamilien und Beschäftigten im FAIRTRADE-System verfügen über 50% der Stimmrechte – Entscheidungen werden stets auf Augenhöhe getroffen.  Das betrifft aktuelle Mindestpreise und Prämien genauso, wie neue Umweltschutzauflagen, den Schutz von Kinderrechten und vielem mehr.