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Risiko erkannt, Risiko gebannt!

Welche Risiken ergeben sich in den Ursprungsländern durch den globalen Handel? Dieser Frage ist FAIRTRADE nachgegangen und hat eine Karte erstellt, die Risiken aufdeckt. Am Beispiel des Kakaoanbaus wird schnell deutlich, mit welchen Herausforderungen die Branche zu kämpfen hat.

Ein Blick auf die FAIRTRADE-Risk-Map, und man erkennt sofort, in welchen Ländern das Risiko besteht, dass Menschenrechte und Umweltauflagen verletzt werden. Dabei handelt es sich nicht um spezifische Risiken in FAIRTRADE-Kooperativen, sondern um Risiken, die den gesamten Sektor betreffen. Die von Fairtrade International erstellte Karte hilft europäischen Unternehmen einzuschätzen, bei welchen Aspekten sie bei ihren Rohstofflieferant*innen ganz genau hinsehen sollten. Die Risk Map unterstützt damit den ersten Schritt zur Erfüllung der unternehmerischen Sorgfaltspflicht (Stichwort Lieferkettengesetz): die Identifizierung von Risiken. Außerdem bietet sie bewährte Lösungsansätze. Was bedeutet das für den Rohstoff Kakao und Westafrika? In Côte d’Ivoire und Ghana liegen die Hauptanbaugebiete für Kakao weltweit. Die FAIRTRADE-Risk-Map zeigt in beiden Ländern ein hohes Risiko für die Verletzung von Menschenrechten auf. Vor allem die Missachtung der Kinderrechte stehen hier im Fokus.

Voller Einsatz für den Schutz von Kinderrechten

Eines der größten Übel, denen FAIRTRADE schon seit vielen Jahren den Kampf angesagt hat, ist ausbeuterische Kinderarbeit. Das Problem hat im letzten Jahrzehnt zugenommen. Einer Studie aus dem Jahr 2020 zufolge arbeiten in den Kakaowäldern von Côte d’Ivoire und Ghana mehr als 1,5 Millionen Kinder im Alter von fünf bis 17 Jahren unter ausbeuterischen Bedingungen. Die Kinder werden davon abgehalten, die Schule zu besuchen, und hantieren mit teils gefährlichen Utensilien wie Macheten und Spritzmitteln. Bisher lag der Schwerpunkt der Maßnahmen auf der Überwachung und dem Auffinden von Verstößen. Das ist ebenfalls notwendig, doch FAIRTRADE setzt an mehreren Stellen an: Risiken werden anhand der Risk Map sichtbar gemacht, Präventionsprogramme zur Bekämpfung der Ursachen werden entwickelt, Gelegenheiten für Dialoge werden geschaffen, damit auf die Region zugeschnittene Lösungsansätze gefunden werden können.

Ein im Sommer 2023 vorgestelltes neues Programm enthält Maßnahmen zur Prävention und Beseitigung von ausbeuterischer Kinderarbeit in Côte d’Ivoire und Ghana: Das „FAIR­-TRADE Child Labour and Forced Labour Prevention and Remediation Programme“ finanziert Präventionsinitiativen FAIRTRADE-zertifizierter Bewerber*innen – beispielsweise bessere Schulbildung. Außerdem soll betroffenen Kindern geholfen werden, indem ihre Familien Unterstützung erhalten. Armut ist die Hauptursache für ausbeuterische Kinderarbeit, deshalb müssen den Familien Wege gezeigt werden, wie sie auf andere Weise höhere Einkommen erzielen können.

Das „FAIRTRADE Child Labour and Forced Labour Prevention and Remediation Programme“ soll im ersten Jahr zehn Projekte unterstützen und startet mit einem Förderbudget von 450.000 Euro, finanziert von den nationalen FAIRTRADE-Organisationen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und anderen Ländern. Zusätzlich bietet das Programm allen Akteur*innen der FAIRTRADE-Lieferkette die Möglichkeit, einen finanziellen Beitrag zu leisten. Damit unterstützen sie noch stärker die Bekämpfung von Kinder- und Zwangsarbeit – was der neue FAIRTRADE-Kakao-Standard vorschreibt.

Die großen Unternehmen tragen große Verantwortung

Einer der Gründe, wieso die Zusammenarbeit aller Akteur*innen essenziell ist, steckt in der Beschaffenheit der Lieferkette: Geschätzt fünf bis sechs Millionen Kleinbauernfamilien produzieren rund 90 Prozent des Kakaos weltweit. Unglaubliche 50 Millionen Menschen sind weltweit direkt oder indirekt vom Kakaomarkt abhängig. Dem stehen gerade mal neun Handels- beziehungsweise Verarbeitungsunternehmen gegenüber, die 75 Prozent des weltweiten Kakaomarktes abwickeln; sie haben auf die Preisgestaltung einen enormen Einfluss und damit auch einen enormen Hebel für die Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen und Umweltsünden.

Die FAIRTRADE-Risk-Map möchte niemanden anklagen. Sie besagt auch nicht, dass die erhobenen Vorwürfe auf alle Kakaokooperativen in Côte d’Ivoire und Ghana zutreffen. Sie soll ein Wegweiser sein, der dabei hilft, auf die richtigen Signale zu achten, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung künftig besser vorzubeugen. Die Intention von FAIR­TRADE ist es, mit der Risk Map zuerst einen Dialog und letztendlich die Zusammenarbeit aller Akteur*innen der Wertschöpfungskette anzustoßen. Die Expert*innen von FAIRTRADE können nicht alle Probleme der Welt allein lösen. Sie können allerdings zeigen, wo der Schuh drückt. Das macht FAIRTRADE zu einem verlässlichen und integren Partner für alle Unternehmen, die Geschäfte im Globalen Süden machen.

Hier geht es weiter zur Risk Map.