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Volle Frauenpower in FAIRTRADE-Kaffeekooperative

Bereits seit 1988 exportiert die Kaffee-Kooperative CIASFA in Guatemala fair gehandelten Kaffee nach Österreich. Grund genug, ihr anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums von FAIRTRADE Österreich einen Besuch abzustatten.

Wir haben von den Kleinbäuerinnen und -bauern erfahren, mit welchen Schwierigkeiten sie im Kaffeeanbau konfrontiert werden, und durften erleben, wie weit es die Kooperative in den letzten 30 Jahren gebracht hat.

Maya-Tempel, dichter Dschungel und malerische Flusslandschaften – Guatemala verzaubert uns auf Anhieb. Unsere Reise zur kleinen Gemeinde La Unión, etwa zwanzig Kilometer von der Grenze zu Honduras entfernt, führt quer durch das mittelamerikanische Land. La Unión ist die Heimat von CIASFA, einer der ersten FAIRTRADE-zertifizierten Kooperativen. Seit mittlerweile 30 Jahren betreibt die Kooperative Kaffeehandel auch mit österreichischen Unternehmen. Wir wollen erfahren, was sich bei der CIASFA in dieser Zeit getan hat, welche Errungenschaften es zu bestaunen gibt und mit welchen Herausforderungen die Kooperative heute konfrontiert ist.

Soziale Ungerechtigkeit

Guatemala hat schon viel Schreckliches erlebt: die Kolonialisierung, die Versklavung der indigenen Bevölkerung, den Bürgerkrieg, der 36 Jahre lang andauerte und dessen Spuren noch immer tief in das Land gegraben sind. Das ursächliche Problem besteht noch immer: die ungerechte Verteilung des Grundbesitzes und des Reichtums im Land. Rund zwei Drittel der Ländereien befinden sich in den Händen von gerade einmal drei Prozent der Bevölkerung. Bei CIASFA werden achtzig Prozent der Kaffeeanbauflächen von der Gemeinde gepachtet, der Rest befindet sich im Privatbesitz der Familien.

Ein köstliches Cupping

Auf unserer Reise nach La Unión verfolgen wir den Weg des Kaffees bis zu seinem Ursprung. In der Nähe von Guatemala-Stadt besuchen wir zunächst den Dachverband Fedecocagua. Seine Aufgabe ist es, die bereits entfleischten und fermentierten Bohnen diverser Kooperativen zu Rohkaffee weiterzuverarbeiten, um diesen anschließend zu exportieren. Außer großen Lagerhallen mit Rohkaffee erwartet uns eine köstliche Überraschung – ein sogenanntes Cupping, bei dem frisch gebrühte Proben der aktuellen Kaffeeernte verkostet werden. Die Fedecocagua führt für ihre Kundinnen und Kunden regelmäßig Cuppings durch, denn nur so können diese die Qualität des Kaffees bestimmen und den passenden Kaffee für ihre Konsument*innen wählen.

Eine Frage der Qualität

Auf halbem Weg nach La Unión legen wir erneut einen Stopp ein. Wir stehen vor dem ganzen Stolz der Kooperative: einer Trocknungsanlage, teilweise finanziert mit den Einnahmen aus der FAIRTRADE-Prämie. Die Mitglieder vor Ort berichten uns, die Anlage sei eine Investition in die Qualität des Kaffees: „In unserem Anbaugebiet ist es zu feucht,

um die Ernte an der Sonne trocknen zu lassen. Wir müssten sie bei jedem Regen einsammeln. Erst durch eine konstante Trocknung erreichen wir eine hohe Kaffeequalität.“ Daher ha­ben die Bauernfamilien ein kleines Stück Land gekauft und darauf die Trocknungsanlage errichtet. Sie überlegen, diese noch auszubauen: „Wir könnten anderen Kooperativen die Trocknung als Service anbieten. Das wäre für uns eine zusätzliche Einkommensquelle.“

Gleichberechtigung

Endlich erreichen wir unser Ziel: die Kooperative CIASFA. Beim Empfang fällt uns sofort der hohe Frauenanteil auf. Eine der Frauen ist Miriam Ipina Casasola. Lange Zeit war sie sogar die Präsidentin der Kooperative, heute ist sie als Mitglied sehr aktiv. Was sich durch FAIRTRADE konkret geändert hat? Casasola sieht den größten Fortschritt des fairen Handels in der Gleichstellung der Frauen: „Die Arbeit durften wir schon immer machen, aber darüber hinaus hatten Frauen früher kein Mitspracherecht – insbesondere in finanziellen Fragen. Der faire Handel hat uns geholfen, uns unabhängiger zu machen.“ Sie berichtet uns, dass in der Anfangszeit ausschließlich Männer die Kooperative geleitet haben und ist stolz darauf, dass sich das seit der Einführung der FAIRTRADE-Standards geändert hat: „Wenn man sich heute umsieht, kann man gut erkennen, wie stark Frauen in der Kooperative vertreten sind. Das gilt insbesondere auch für das Management.“

Der Biofaktor

Im Jahr 2023 gehören 140 Familien zu CIASFA, rund fünfzig Prozent der Mitglieder sind Frauen. Immer wieder fragen neue Familien, ob sie Teil der Kooperative werden können. Das ist nicht verwunderlich, schließlich ist Kaffee die wichtigste Einnahmequelle der Kleinbauernfamilien. Eine Voraussetzung gibt es jedoch: Neue Mitglieder müssen auf Bioanbau umgestellt haben, damit sie aufgenommen werden.

Doppelt effektiv

Einblick in die Biobewirtschaftung bekommen wir von Oscar Enrique Escalante. Der CIASFA-Kaffeebauer zeigt uns stolz eine Biodüngeranlage, ebenfalls ein mit FAIRTRADE-Prämiengeldern initiiertes Projekt: „Hier werden die Kaffeepulpe und anderer Bioabfall durch eine Wurmpopulation zu Biodünger für unsere Kaffeefelder verarbeitet.“ Das Projekt hat sich auch auf die Gleichberechtigung positiv ausgewirkt: Da die Anlage anfangs ausschließlich von Frauen betrieben wurde, wurden diese stärker in die Kooperative und deren Arbeitsabläufe integriert.

PRODUKTIVITÄT STEIGERN

Wir fragen die Kaffeebäuerinnen und -bauern, wie sie die FAIRTRADE-Prämie einsetzen. „Einen Teil der FAIR­TRADE-Prämie verwenden wir für die Aufzucht von neuen Kaffeepflanzen, einen anderen Teil für die Produktion von Biodünger. Den Rest behalten wir für Barauslagen“, erklären sie.

Die Mitglieder von CIASFA beschweren sich nicht: Die aktuelle Ernte ist sehr zufriedenstellend, auch die Kaffeepreise sind äußerst gut (Stand: Sommer 2023). Insgesamt rechnen sie mit den höchsten Einnahmen seit 35 Jahren. Dennoch müssen sie gut kalkulieren, um weiterhin neben den großen Landbesitzern bestehen zu können und auch die Teuerung im Griff zu haben. Auch in Zukunft gibt es für die Kaffeebauernfamilien in Guatemala noch viel zu tun. Das weiß auch Saúl Ramírez, einer der Mitbegründer der Kooperative: „Fairer Handel be­deu­tet für mich, dass wir einen fairen Preis für unsere Ernte erhalten und unsere Felder so verbessern, damit wir unsere Produktivität steigern können. Das müssen wir, um auch in Zukunft vom Kaffeeanbau leben zu können.“

Dafür ist auch eine dementsprechende Nachfrage nach FAIR­TRADE-zertifiziertem Kaffee wichtig – auch in Österreich. Der Dank von FAIRTRADE Österreich gilt daher al­len engagierten Unternehmen sowie Kon­sument*innen, die allein im Jahr 2022 mehr als 5.300 Tonnen nachgefragt und so für ein Absatzwachstum von 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesorgt haben. Dieser Weg des Wachstums muss unbedingt fortgesetzt werden, gerade in schwierigen Zeiten wie diesen.

Weitere Infos zu FAIRTRADE-Kaffeekooperativen gibt es hier.